Der Unimog ist ein hochgeländegängiges Fahrzeug, das überall durch kommt. So oder so ähnlich liest sich der Prospekt für einen Unimog und wirklich falsch ist das nicht. Doch benötigt man für ein Reisemobil einen Unimog oder ist das eher der Traum des ewigen Kindes im Manne, der ein "Männerfahrzeug" braucht, um stilecht unterwegs zu sein?
Nun, der Unimog ist wahrscheinlich für 99% der Strecken maßlos übertrieben. Ähnlich wie ein Verbrennerfahrzeug (Fossilmobil) für 99% der Alltagsstrecken unangemessen ist. Es ist doch so: da, wo man hinfahren möchte gibt es meist Straßen - vielleicht nicht immer geteert, vielleicht auch nicht in gutem Zustand, aber das rechtfertigt noch lange keinen Unimog. Als wir um 2004 in der Türkei unterwegs waren, meinten wir, das wir uns einen Geländewagen mieten müssten, um über die mäßig guten und ungeteerten "Straßen" im Taurusgebirge fahren zu können. Vergleichbare Straßen, wie wir sie 1998 mit unserem Mercedes W123 gefahren sind. Und was war? Keiner fährt dort Geländewagen, eher einen alten R4 oder sonstwelche normalen PKW, die zwar nicht mehr neu sind, aber die Strecken problemlos mitmachen. Unseren Geländewagen mussten wir dann sogar mitten im Urlaub tauschen, weil sein Differential undicht wurde...
Bitte nicht falsch verstehen - der Unimog, oder ein vergleichbar großer Gelände-LKW bietet schon Möglichkeiten. Bei vielen Campingplätzen hätten wir ohne bezahlen rauf und runterfahren können, weil die Steine, die als Hindernis dalagen, den Unimog nicht beeindrucken würden. In Schweden konnten wir durch eine Fehlnavigation unsererseits sogar ohne Maut auf die Brücke nach Dänemark, weil wir durch den 1m tiefen Graben, der genau das verhindern sollte, durchgefahren sind. Aber das ist nicht der Normalzustand. Eigentlich will man sich ja benehmen und seine Gebühren zahlen. Quer durch's Feld fährt auch keiner und die Unimogbesitzer die ich kennengelernt habe, die wollen oft gar nicht durch's Gelände, sondern lieber am Auto rumschrauben. OK, also ein Hobby - warum nicht.
Im Sommer 2008 sind wir mit unserem neuen, gebrauchten Wohnmobil auf Ducatobasis nach Polen gefahren. Ein Vierteljahr vorher haben wir uns schweren Herzens von unserem lieb gewonnenen Unimog getrennt. Er war laut, es hat zur Scheibe reingeregnet, und auf der Autobahn schwamm man in den LKW-Spurrinnen herum, dass es teilweise nicht mehr lustig war. Trotzdem hatte dieses Auto Stil und an dem aktuellen Ducatomobil hänge ich weitaus weniger, als an dem Unimog. Am dritten Tag in Polen haben wir uns auch direkt mit dem Ducato festgefahren, weil wir den Fronttriebler nicht gewohnt waren. Er hat zu wenig Gewicht auf der Vorderachse und trotzdem habe ich schon mehrfach die Radlager wechseln müssen. Es ist halt nur ein "Oma-Opa-Mobil", wie wir das Gefährt gerne nennen.
In Mecklenburg am Campingplatz musste uns ein PKW mal aus der Wiese ziehen, weil sich der Ducato schon wieder eingraben wollte. Das nervt echt.
Andererseits sind wir mit dem Ducato-Camper auch schon viele schlechte, ungeteerte Strecken in Polen und Griechenland gefahren. Der Ducato kommt da schon durch. Tut er ja bei den Einheimischen als Transporter auch. Man darf nur nicht zimperlich sein. Ab und zu wäre Allrad gut. Nicht unbedingt Unimog, aber Allrad, das vermissen wir schon.
Das Gewicht eines Unimog oder Allrad LKW ist auch ein Problem. Je schwerer, desto mehr Einschränkungen. Unseren Unimog konnten wir abgelastet auf 3,5t überall langbewegen, aber wenn alle Tanks voll waren, dann waren wir gewichtsmäßig wahrscheinlich drüber - muss auch nicht sein. Über 3,5t fallen plötzlich viel mehr mögliche Strecken weg, als man durch das Vorhandensein der tollen Geländegängigkeit dazu bekommt. Irgendwie ein schlechter Tausch!
2007 waren wir mit dem Unimog in Schottland. Viele Strecken wären für ein Fahrzeug über 3,5t nicht erlaubt gewesen. Das Problem hat man in ganz Europa! Manche Übernachtungsstellen wären mit einem normalen Wohnmobil nicht möglich gewesen. So haben wir einmal am Rand eines Rübenfeldes direkt an der Klippe zum Meer übernachtet und bei Loch Ness sind wir mal wieder in den Wald und haben uns unter einen riesigen Sequoiabaum gestellt. Für so spontane Aktionen war der Unimog immer gut.
Reifentechnisch sind Straßenreifen oder Baustellenreifen wahrscheinlich das beste, da richtig grobe Geländereifen auf der Straße einfach nur laut sind, sich schnell abnutzen und nur ganz selten ihre Vorteile ausspielen können. Als unser Unimog das erste mal auf der Straße richtig fahren durfte, dachte ich die Radlager sind alle hinüber. Kurz auf den Feldweg und es war Ruhe - es waren nur die Reifen, die so einen Lärm machten. Und wenn man erstmal 2000km fahren muss, um an eine spannende Stelle zu kommen, dann doch bitte nicht zu laut und gerne sprit- und reifensparend. Straßenreifen können auch im Gelände ein Menge und am sinnlosesten sind die Poser, die in der Großstadt mit ihren Geländewagen und Stollenreifen rumfahren, als wäre die Großstadt ein unpassierbarer Dschungel.
Fazit:
Der Traum von nächsten Unimog ist immer noch da. Rational betrachtet, wird es aber keinen mehr geben. Das nächste Fahrzeug muss unter 3,5t sein, kürzer als 6m sein und Allradantrieb haben. Damit sind dann statt 100% der Strecken (von denen ja bereits 99% ohne Allrad gehen) schon 99,5% befahrbar, was echt viel ist. Der Rest geht dann halt nicht. Oder nur zu Fuß. Alt darf es auch sein, dann stören einen Schrammen und Beulen nicht, die man sich holt. Und ich möchte mein Auto unterwegs reparieren können. Also muss es eins sein, wo ich was ab- und anschrauben darf, ohne dass ich es danach mit einem Diagnosegerät wieder am Zentralcomputer anmelden und kalibrieren muss. Ich habe keine Angst vor elektronischen Steuergeräten, sehr wohl aber davor, dass die Software mir sagt, ich dürfe nicht mehr fahren, weil ich mein abgeschraubtes Lenkrad nicht weider angemeldet habe...
Hier ist ein Artikel, der mir diesbezüglich aus der Seele gesprochen hat. Am Ende des Tages ist eine Kaufentscheidung aber immer eine emotionale und selten eine rationale. Vor allem beim ersten Auto dieser Art, sonst hätte auch wir keinen Unimog gehabt. Erst die Erfahrung zeigt dann, ob diese Art Gefährt zu den eigenen Anforderungen passt oder vielleicht doch maßlos übertrieben ist.